Lernen durch Scheitern!

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Scheitern meint im Falken Kontext zuallererst, dass durch eine Gruppe oder die Einzelnen, selbstgesteckte Ziele nicht erreicht werden. So kann eine Gruppe zum Beispiel beschließen, dass sie gerne gemeinsam Pizza machen will, dieses dann aber an unterschiedlichen Faktoren scheitert. Eine Person hat verpeilt einzukaufen, eine andere nicht rechtzeitig in der Küche angefragt, sodass der Backofen für den Abend schon belegt ist. Oder ein*e Einzelne*r wollte eine Abendveranstaltung organisieren und hat leider die Hälfte vergessen, sodass die Veranstaltung ausfallen muss.

Im nächsten Schritt ist zu fragen, was wir mit Lernen meinen, wenn wir uns solche Beispiele vor Augen halten. Lernen ist ein Prozess, der sowohl theoretische Einsichten, als auch praktische Erfahrungen miteinander vermittelt. So können Dinge noch so häufig theoretisch diskutiert werden, praktisch relevant werden sie meist erst mit dem damit verbundenen Scheitern, bzw. Erfolg. Dasselbe gilt übrigens auch für theoretische Arbeit, die ihren Gegenstand verliert, wenn sie nicht mehr auf die Alltagserfahrungen der Einzelnen reflektiert, sondern ein abstraktes Eigenleben entwickelt.

Um auf die Beispiele von oben zurück zu kommen entwickeln sich für die Helfenden mehrere Probleme. Wenn die RF-Gruppe zum Beispiel im Plenum beschließen will, die nächsten Tage auf Programm zu verzichten und lieber zu „chillen“, dann ist der Impuls der meisten Helfer*innen ihnen das auszureden und sie zum Programm zu motivieren. Schließlich hat niemand Lust das zu erleben, was unweigerlich folgt: Gelangweilte, sich gegenseitig ärgernde Teilnehmer*innen, die sich und alle anderen in den Wahnsinn treiben und am Ende noch unzufrieden mit der Maßnahme sind.

Trotzdem führt der „Motivations-Impuls“ dazu, dass man ewig weiter motiviert und die Freizeiten mehr und mehr dem schulähnlichen Alltag ähneln, den wir ja eigentlich kritisieren und verändern wollen. Alternativ könnte man (um im Beispiel zu bleiben) die Gruppe chillen lassen, bis sie damit selbst unzufrieden sind und selbst den Wunsch entwickeln, etwas zu ändern. Nur dann kann man mit ihnen gemeinsam herausfinden, was ihre Bedürfnisse sind und sie dabei begleiten, diese auch selbst zu organisieren. Diese begleitende Reflexion darf den Teilnehmenden dabei keine externe Perspektive gegenüberstellen, sondern muss sie an ihrem eigenen Anspruch messen, so geht es nicht darum „Was man denn als guter Falke zu tun hätte?", sondern muss die Frage stellen, warum die Beteiligten mit ihrer selbstgewählten Praxis unzufrieden sind, bzw. warum Beschlüsse nicht in die Tat umgesetzt wurden.

Gleichzeitig darf dieses Konzept nicht dahingehend missverstanden werden, dass die Helfenden die Hände in den Schoß legen und nichts machen. Ihre Aufgabe ist dabei auf mehreren Ebenen angesiedelt. 1. Müssen sie ihre eigenen Kompetenzen offenlegen und diese bei Bedarf zur Verfügung stellen (wie z.B. das Wissen über ein Pizzarezept). 2. Müssen sie der Gruppe spiegeln, was sie ihr zutrauen und was nicht und 3. Ist es ihre Aufgabe den Gruppenprozess zu begleiten und aktiv zu spiegeln bzw. am Ende eine Auswertung anzuleiten, in der es auch schon mal knallen kann („Du verpeilst immer deine Aufgaben! Etc.).

Damit werden zwei wichtige Aspekte der Falkenerziehung erreicht. Zum einen lernen wir alle gemeinsam unsere eigenen Bedürfnisse zu erkennen und zum anderen erziehen wir keine kleinen Menschen zu großen Menschen mit unseren Vorstellungen, sondern nutzen im Alltag schon die Möglichkeiten, die Teilnehmenden dabei zu unterstützen, all das zu erlernen, was es benötigt, um ein eigenes Leben zu organisieren und im Zweifel auch die eigenen Bedürfnisse durchzusetzen.

Allerdings ist es unbedingt erforderlich, sich vorher im Team, ob nun auf Zeltlager oder im HE-Team sehr gut darüber zu verständigen, bis zu welchem Punkt es sinnvoll ist dieses Konzept anzuwenden und wo die Grenzen dabei zu ziehen sind. Jede*r hat eigene Vorstellungen darüber, was noch begleitetes Scheitern und was schon nicht mehr zu verantwortende No-Gos sind. Außerdem muss man sich klar machen, dass es oft anstrengender und mühsamer ist, die Gruppe „ sich selbst zu überlassen“ und dann im Prozess zu begleiten, als regulierend einzugreifen.